Lernen will gelernt sein!
Um diskutieren zu können, wie man richtig lernt, müssen wir zuerst definieren, was wir mit Lernen eigentlich meinen. Unter dem Begriff Lernen verstehen wir den Prozess, sich Sachverhalte, Prozesse oder Fakten anzueignen, mit dem Ziel, diese anschliessend (in einer Prüfungssituation) abrufen, wiedergeben und anwenden zu können.
Natürlich können sich Lernstrategien stark voneinander unterscheiden. Auf die wöchentliche Französisch-Vokabular-Prüfung bereitet man sich anders vor, als auf eine Maturaprüfung oder gar eine Semesterendprüfung an einer Universität. Lernen ist eine sehr subjektive und persönliche Tätigkeit. Jeder Schüler und Studierende muss selbst erfahren, was ihm persönlich am meisten liegt. Dieser Blogeintrag möchte niemanden dazu bewegen, bereits funktionierende und bewährte Lernmethoden aufzugeben, sondern zeigt höchsten einen alternativen Ansatz. Dieser Ansatz ist nachfolgend in drei Schritte aufgeteilt.
Schritt 1: Was muss ich lernen?
Was muss ich an der Prüfung wissen? Was auf den ersten Blick logisch anmutet, ist gerade in höheren Stufen teilweise gar nicht so einfach herauszufinden. An der besagten Vokabular-Prüfung mag es direkt klar sein, was an der Prüfung verlangt wird, an einer Strafrechtsprüfung an der Uni ist es mit Sicherheit schwieriger, solche Prognosen zu treffen. Dort sind je nach dem drei dicke Bücher, das Skript und zehn 50-seitige Foliensätze prüfungsrelevant. Es gilt also zuerst herauszufinden, wo beim Lernen die Schwerpunkte gesetzt werden müssen.
Tipp 1:
Lerne mit alten Prüfungen! Die meisten Lehrer und Professoren erstellen nicht jedes Jahr eine komplett neue Prüfung, sondern lassen sich von den letztjährigen Exemplaren stark «inspirieren». Du musst lernen, gewisse Muster und Aufgabentypen zu erkennen. Wenn du dich anschliessend durch das gesamte prüfungsrelevante Material kämpfst, wirst du merken, welche Unterlagen wirklich relevant sind. Falls keine Prüfungen vorhanden sind, hilft die Analyse von Übungen und Hausaufgaben.
Tipp 2:
Mache eine Prioritätsliste und habe Mut zur Lücke! Wir können nicht für jede Prüfung immer alles gelesen, gelernt und verstanden haben. Triff bei jeder Prüfungsvorbereitung eine Auswahl von Bereichen und Aufgaben, die du für besonders wichtig hältst (nutze hierzu die Analyse aus Tipp 1). Diese Prioritätenliste solltest du abarbeiten – und zwar von oben nach unten. Optimalerweise hast du genügend Zeit für deinen Lernprozess eingeplant, um auch bis zum letzten Punkt deiner Liste zu kommen.
Falls du merken solltest, dass dir die Zeit nun doch nicht mehr reicht, versuche dich trotzdem an die Liste zu halten. Wenn du von bspw. zehn Punkten lediglich für die drei wichtigsten Zeit hast, dann lerne im Notfall nur genau diese drei und überfliege den Rest grob. Nichts ist schlimmer, als wenn du im Stress plötzlich alles beherrschen können willst und anfängst, alle Punkte abzuarbeiten. Am Ende wirst du alles nur ein wenig beherrschen und schlechter abschneiden, als wenn du die drei wichtigsten Aufgabentypen perfekt beherrscht hättest.
«Mut zur Lücke» ist ein Ratschlag, der mit Vorsicht zu geniessen ist. Wir meinen damit, dass es besser ist, nur die zentralen Aufgaben, die mit nahezu absoluter Sicherheit abgefragt werden, perfekt zu beherrschen, als alles nur ein bisschen. Wir meinen damit nicht, dass du nur die Hälfte der Vokabeln lernen sollst. «Mut zur Lücke» ist erst ratsam bei riesigem Stoffumfang und grosser Zeitknappheit. Bei «Mut zur Lücke» handelt es sich mehr um eine Taktik der Schadensbegrenzung als der Notenoptimierung.

Schritt 2: Einen Lernplan erstellen
Gerade wenn du mehrere Prüfungen hintereinander hast, ist es unerlässlich einen Lernplan zu erstellen und sich auch an diesen zu halten. Fast alle Studierenden schreiben sich im Hinblick auf die Lernphase einen Lernplan. Die wenigsten halten sich daran. Es braucht nämlich viel Disziplin auf eine Prüfung zu lernen, die erst in einer Woche stattfindet, wenn man alternativ auch für eine Prüfung lernen kann, die bereits in zwei Tagen ansteht. Deshalb lernen viele Studierende bis zur ersten Prüfung (fast) nur das Fach, welches zuerst geprüft wird. Für die anderen vier Fächer im Anschluss bleibt dann häufig nur noch zu wenig Zeit.
Um einen guten Lernplan zu erstellen, trage zuerst die Prüfungsdaten in deinen Kalender ein. Analysiere anschliessend die einzelnen Fächer (siehe Tipp 1 und 2) und erstelle für jedes Fach eine Prioritätenliste. Bedenke, dass diese Fachanalyse viel Zeit in Anspruch nimmt (Stunden bis teilweise Wochen). Sie ist aber bereits die halbe Miete. Wenn du deine Prioritätenlisten für alle Fächer geschrieben hast, schätzt du den jeweiligen Zeitaufwand, den du benötigst, um alle Punkte abzuarbeiten.
Jetzt trägst du in deinem Kalender jeweils die Zeit ein, die du benötigst und berücksichtigst dabei auch die anderen Fächer und Aktivitäten.
Tipp 3:
Lerne am Tag vor einer Prüfung (wenn möglich) nur dieses eine Fach.
Tipp 4:
Lerne am Morgen und am Nachmittag unterschiedliche Fächer (ausser Tipp 3).
Tipp 5:
Treibe regelmässig Sport (Sport hilft dir abzuschalten, du schläfst tiefer und fühlst dich allgemein besser).

Schritt 3: Den inneren Schweinehund überwinden und üben
Es fällt mir schwer, dir mitteilen zu müssen, dass Lernen am Ende eine anstrengende und repetitive Arbeit bleibt. Es führt nichts daran vorbei, hinzusitzen, zu üben und zu repetieren. Die meisten Schüler und Studierenden, die an einer Prüfung scheitern, tun dies nicht, weil ihre geistige Kapazität für die Komplexität der Prüfung nicht ausgereicht hätte, sondern weil sie sich nicht überwinden konnten, genug und konzentriert zu lernen. Wir machen auf unserer Nachhilfeplattform regelmässig die Erfahrung, dass Schüler von sich behaupten, sie seien halt «zu blöde» für das Fach. Das ist eigentlich nie der Fall. Häufig entwickeln gewisse Schüler über eine lange Zeitdauer aufgrund von schlechten Resultaten eine Aversion gegen ein bestimmtes Fach. Mathematik, Physik und Französisch wären hierzu die Klassiker. Nahezu alle, die den Sinn und die Schönheit ihres einstigen Hassfaches erleben, verbessern sich innert kürzester Zeit massiv. Nicht weil sie in dieser Zeit intelligenter geworden wären, sondern weil sie sich besser überwinden können, sich zu konzentrieren.
Spass beim und am Lernen ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen und schönen Schul- und Unizeit. Wer gerne lernt, weil ihn das Fach oder die Thematik interessiert, lernt schneller, tiefgründiger und kann das Gelernte an verschiedenen Orten im Hirn abspeichern. So kann er später besser darauf zurückgreifen. Wer lernen muss, tut gut daran, Freude für ein Fach zu entwickeln. Das ist logischerweise einfacher gesagt als getan. Ein Versuch ist es allemal wert.
Tipp 6:
Lerne in Gruppen! In einer Gruppe kannst du dich austauschen und ihr könnt euch gegenseitig motivieren. Du kannst auch abschätzen, wie du im Vergleich abschneidest.
Tipp 7:
Nimm Nachhilfe! Falls du in keiner Gruppe lernen möchtest und fachlich kompetent betreut werden möchtest, hilft Nachhilfe. Nur schon um sich regelmässig zur Konzentration zu zwingen. Ein Nachhilfelehrer kann normalerweise etwa einschätzen, wo du stehst und wo du fachlich hin möchtest. Er kann dir helfen, einen kompetenten Lernplan zu erstellen und diesen auch einzuhalten.
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